Ok. Du spielst nun seit ungefähr einem halben bis einem Jahr und übst tatsächlich auch jeden Tag. Vielleicht machst du sogar viel mehr als das und übst sogar mindesten ein bis zwei Stunden! Und bist nun trotzdem am Überlegen, das Cello abzugeben, damit du dich (wieder) ganz auf die anderen Dinge, die dir ebenso wichtig sind, konzentrieren kannst. Doch dann kommt wieder dieser Wunsch in dir auf – du möchte doch eigentlich soooo gern mal irgendwo mit Leuten zusammenspielen, endlich in ein kleines Laienorchester oder eine Band!
Aber bis du am Cello so fit bist, dauert es noch eeeeeewig, denkst du dir. Bestimmt zwei Jahre. Und die Zeit jetzt täglich zu investieren, um da hin zu kommen, fällt dir gerade so schwer. Du hast schon so viel investiert, so viel Zeit da rein gesteckt, so viel geopfert! Und klar, manchmal hört man das auch, da läuft es eigentlich schon ziemlich ordentlich. Doch dann gibt es Tage, an denen du denkst “Das schaff´ich nie! Irgendwann müssen meine Finger doch mal wissen, wo sie hingehören! Und jetzt ist der 4. Finger auf der G-Seite zum tausendsten (!) Mal (!) falsch…” Obwohl du ja jetzt seit einem Jahr Unterrichtet hast. Und das mit dem Daumendruck hast du auch immer noch nicht wirklich im Griff…
Hold on! Take a breath!
And let me tell you: you are amazing, you are GREAT!! Jetzt schau erst einmal, bis wo hin du es überhaupt schon geschafft hast: du bist hier, du spielst Cello! Ist das nicht großartig???
Erinnere dich mal, du warst auch eine/r von jene/n, wie sie sich täglich bei mir melden: “Louise ich möchte Cello lernen! Aber ich hab´noch nie ein Instrument gespielt, ich habe auch sonst überhaupt keinen Plan von Musik”! Oder “Louise, mein Cello hängt an der Wand und verstaubt!”
Und du weißt, wie viel tatsächlich dazwischen lag, zwischen dir und deinem Traum. Du wolltest endlich wieder mit dem spielen anfangen bzw. es überhaupt erst einmal zu lernen! Ganz von Null, von Anfang. Als totaler Laie. Oder jemand, dessen Spielfertigkeiten nur noch gespensterhafte Schatten werfen. Und du hast es gemacht. Du hast die erste Hürde überwunden, indem du dir mal all diese Geschichten über “zu alt dafür” oder “fehlendes Talent” nicht mehr erzählt hast.
So pleeease, honour your efforts! Und das meine ich jetzt ganz im Ernst: sei stolz auf dich! Denn du kannst stolz sein, ich bin stolz auf dich! Bei mir hat das mit der Celloleidenschaft ja als Kind angefangen und ich wusste im Alter von elf Jahren schon ganz genau, dass das mal mein Beruf sein soll. Ich weiß aber nicht, ob ich selbst tatsächlich den Antrieb, den Mut und die Ausdauer hätte, im Erwachsenenalter neben Familie, Kindern, Beruf und allen möglichen anderen wichtigen Dingen im Leben noch einmal sowas wie Cello spielen anzugehen, wenn ich es nicht gelernt hätte. Und deshalb bewundere ich dich dafür, dass du genau das machst und dir dieses Ziel gesetzt hast. Ich bewundere jede/ dafür! Und habe großen Respekt vor dir.
Und weißt du was? Genau deshalb, weil du es so ernst meinst – weil du damit schon gezeigt hast, dass dir Musik, Cello spielen, der Wunsch nach Selbstverwirklichung und Entfaltung durch Musik – so wichtig ist, deshalb will ich dir helfen. Ja genau, ich will dir helfen! Denn ich kann es fast nicht mit ansehen, wenn jemand, der es so gern lernen möchte, sich abmüht am Cello, bereit ist, so viel zu investieren. Und am Ende doch nichts erreicht. Und ich bin auch ganz ehrlich zu dir: ich wollte eigentlich nie unterrichten. Unterrichten hat mir nie wirklich Spaß gemacht, weil ich am Anfang, als ich neben dem Studium damit begonnen habe, u.a. Kinder unterrichtet habe, die von ihren Eltern dazu verdonnert wurden, Cello zu spielen. Weil die Geschwister ein Instrument spielen. Und die dann zusammen Musik machen können. Aber teilweise wollten die das gar nicht. Und so hat sich z.B. die jüngste Tochter einer Ärztefamilie, zu denen ich immer nach Hause gegangen bin, zuerst mal unterm Bett versteckt, als ich kam. Und dann musste ich mir Mühe geben, sie dort wieder hervorzulocken, weshalb ich mir sogenannte “Muffin-Kompositionen” ausgedacht habe – also Notenblätter, die wir malen, mit Muffins drauf, die sie gern isst. Das hat mich ganz schön abgetörnt. Auch wenn ich es jetzt rückwirkend zum todlachen finde…
Mittlerweile ist das komplett anders und ich empfinde es als meine Verantwortung und Teil meiner Berufung, dir all das mitzugeben, was ich für mich selbst herausgefunden und gelernt habe. Damit du es wirklich leichter hast. Mir persönlich macht es einen riesen Spaß, zu sehen, wie das bei meinen Schülern funktioniert und diese dadurch aufblühen. Hinterher stehen da Menschen, die komplett über sich hinausgewachsen sind und ihre Liebslingsstücke spielen! Obwohl sie am Anfang noch keinen Plan hatten und sich für nicht in der Lage hielten. Ich will nämlich Weltfrieden schaffen und weiß, dass glückliche, zufriedene Menschen der Schlüssel dazu sind 😉
Also! Bestimmt hast du auch irgend so eine Story! Aber du hast es geschafft – du machst es nicht mehr für die anderen, für deine Mutter oder deinen Vater, sondern für dich. Weil du es schön findest und wirklich tief in dir den Wunsch verspürst. Bravo! Ich gratuliere dir. Was ich hier gerade mache, ist einfach nur, dir mal deine innere “Loosermentalität” abzunehmen. Den Stempel, mit dem du dich selbst gebrandmarkt hast. Ja genau, du selbst! Denn ich bin sicher – keiner in deinem hält dich für schlecht, lahm, nicht gut genug, unbegabt oder was auch immer. Im Gegenteil, du siehst doch, wie die Leute immer reagieren, wenn du mit Cello ankommst: “Aaaaach Cello… so ein schönes Instrument [träum] ich liebe es!” oder “Woooow, du spielst Cello? Wie schööön, ich hätte auch gern soetwas gelernt… [aber, aber, aber und wehmütigguck´].“
Also: Schluss mit dem Gejammer! Ab sofort wirst du es einfach richtig machen. Und zwar meine ich damit: viel cleverer als bisher. Toll ist ja: du hast schon super viel Zeit investiert! Du könntest jetzt mal darüber nachdenken, ob du dich nicht mal zum Halbmarathon anmelden willst. Oder wenigstens zum Stadtlauf. Heißt: alles, was du bis jetzt gemacht hast, war wunderbar! Von nichts kommt nichts und genau wie alle großen Sportler, Künstler, Entertainer, Models, Schauspieler oder Unternehmer geht man dabei eben auch mal an seine Grenzen bzw. oft darüber hinaus, weil man so besessen oder verzweifelt ist. Und das ist gut so!
Ab jetzt lehnst du dich aber einfach mal ein bisschen zurück und gehst die Sache entspannter an. Nüchterner. Mit nicht mehr so viel Druck, denn es gibt überhaupt gar keinen Grund, dir Druck zu machen. D.h. den gibt es schon, aber das ist ein anderes Thema und darüber schreibe ich deshalb an dieser Stelle nicht. (Like und teile den Beitrag, wenn du mehr dazu willst!)
Hier kommen also meine Ratzfatz-Übtipps für dich, damit du dich ab sofort nicht mehr so verausgaben musst.
Übtipp #1: Richtig üben
Viele, und vielleicht gehörst du auch dazu, üben einfach irgendwie. D.h. sie investieren unheimlich viel Zeit und Mühe, aber es kommt nicht so richtig was dabei heraus. Und kein Problem, das hab´ich früher auch gemacht! Mein Opa, der einmal in der Woche unangekündigt und meist früh morgens zu uns nach Hause kam, um mich aus dem Bett zu holen und meine Stücke zu “checken”, hat mir dabei jedes mal ins Gehirn eingebrannt, wie wichtig es ist, richtig zu üben. Ganz ehrlich: ich konnte es damals nicht mehr hören. Ich habe ihm diese Worte im Mund quasi schon vorweg genommen. Aber heute bin ich dankbar dafür, so dankbar! Wie du “richtig” übst, zeige ich dir in diesem Artikel. Drucke ihn dir unbedingt aus und hänge ihn vor dich an die Wand oder noch besser: lege ihn auf deinen Notenständer! Damit du es immer wieder siehst und sich dir das genauso einbrennt, wie mir damals.
Übtipp #2: Mental üben
Ja, du hast richtig gehört – im Gedächtnis sozusagen! Und es gibt mehrere Arten und Techniken, wie du das machen kannst. Mentales üben ist sehr effektiv! Unser Gehirn kann nämlich zwischen “real” und “fiktiv” unterscheiden. D.h. beim mentalen, also stummen, innerlichen Üben, werden dieselben Gehirnareale und Muskelgruppen aktiviert, die du auch beim praktischen, aktiven Cello üben benutzt. Das ist ganz besonders hilfreich, wenn du z.B. gerade mal kein Cello hast, weil Ferien sind und ihr im Urlaub seid (das Cello passt ja meist nicht ins Auto rein, wenn es ab zur Schwiegermutter geht, auch wenn die gern ein kleines Ständchen gehabt hätte).
Beim mentalen Üben geht es darum, dass du dich einfach im Kopf, in deiner Fantasie mit deinem Instrument verbindest. Kopfkino also. Aber eben richtig: ordentlich, ganz gezielt, strukturiert und organisiert. Und Achtung, das kostet ganz schön Hirnschmalz. Pass´also auf, dass du dich nicht gleich wieder ablenkst und mit etwas anderem beschäftigst, denn du willst ja besser werden! Und ich zeige dir gerade eine Technik, die dich
ohne Cello besser werden lässt, also quasi die Schlankwerd-Kapsel, bei der du trotzdem weiter essen darfst! Also nutze sie. Wenn du mehr über mentales Üben erfahren und spezielle Techniken für dich kennenlernen willst, trag´dich einfach mal für eine Online-Cello Session ein (
hier ist der Link), ich schaue mir dich und dein Spiel persönlich an.
Übtipp #3: Analysiere deine Stücke
Wie willst du besser werden, wenn du gar nicht weißt, was du müsstest oder wo die Probleme liegen? Mache einmal eine Bestandsaufnahme und gehe sozusagen dein gesamtes Warenlager durch. Schau dir ruhig einmal von Grund auf alles an! Denn meistens sehen wir vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr bzw. vergessen, warum wir was genau da eigentlich überhaupt stumpf vor uns hin üben. Beantworte dir folgende Fragen:
1. Was sind deine Stücke?
2. Warum übst du die? Willst du sie spielen oder hat die dir irgendein Lehrer aufgegeben?
3. Hast du ein kleines Technik- oder Aufwärmprogramm? Wenn ja, welches? Wenn nein: warum nicht? Bei: “macht mir keinen Spaß” – warum nicht und wie könnte es dir ein bisschen Spaß machen und neue Ergebnisse bringen?
4. Warum spielst du Cello und was genau ist dein Ziel – bis wann? Wenn du kein Ziel hast: warum eigentlich nicht mal?
5. Was sind die Probleme genau beim spielen, was stört dich?
6. An welchen Stellen im Stück fliegst du immer raus oder verspielst dich und was ist die konkrete Ursache dafür?
Wenn du diesen Tipp ernst nimmst und wirklich mal mit Stift und einem Blatt Papier bearbeitest, wirst du schon eine ganze Menge Neues herausfinden. Nimm´die Ergebnisse und
komm´damit in meine Gruppe! Ich helfe dir, deine Probleme zu lösen.
Übtipp #4: Schreib´alles auf!
Ich hatte mal einen Chef, der hat immer gesagt: “Wer schreibt, der bleibt.” Und so ist es. Du hast keine fixen Fingersätze in deinen Noten stehen? Kein Wunder, dass die schweren Stellen dabei immer gemauschelt sind! Ein Tennisspieler plant seine Aufschläge millimetergenau und auch ich verwende Techniken, die meine schweren Lagenwechsel sekundengenau “timen” und dadurch absichern. Nutze bunte, weiche, radierfähige (Blei-)Stifte, um dir Kreise, Linien, Zahlen und sonstige Hilfen in die Noten zu zeichnen! Du kannst dir deine Stücke in Muster aufteilen und dadurch erkennen, was doppelt oder mehrmals vorkommt. So sparst du beim Üben Zeit und übst die Parallelstellen immer schon gleich mit.
Übtipp #5: Bearbeite deine innere Einstellung
Im moderneren “Slang” nennt man das auch “Mindsetarbeit”. Dafür gibt es mehrere Mittel, z.B. kannst du dir einen richtig guten Coach, einen Psychologen oder Mentaltrainer nehmen. Es gibt auch einfache Techniken, die du selber anwenden kannst, wie z.B. schlichtes “Journaling” oder richtig gute Motivationsvideos oder Bücher, die dich aufbauen. Ich selber habe das so zwar nie oder nur kurzzeitig in Ansätzen gemacht, kenne aber ein paar gute Sachen auf dem Markt, die ich empfehlenswert finde. Wichtig ist, dass es für dich funktioniert. Dabei geht es immer nur um eins: raus kommen aus dieser sogenannten Leid- oder Dramaspirale, in der du dich selbst fertig machst oder Menschen und Umständen unbewusst für deine Ergebnisse beschuldigst. Du hast sowieso keine Wahl! Das Leben findet jetzt statt und egal was du machst – entweder machst du es richtig oder du lässt es. Wenn du Cello spielst und dich jetzt verbessern willst, dann löse alles in dir auf, was dich dabei behindert – egal, was es ist! Und egal, wie – mach´es einfach.
Übtipp #6: Fitnessübungen
Mein erster Lehrer hat mir als Kind gesagt, ich soll Liegestütze machen, wenn ich mich beklagt habe, dass ich nicht so viel Ausdauer habe (ich war jedes Mal total platt, wenn ich ein Stück komplett durchgespielt habe). Das hat mir gar nicht geholfen und davon rede ich hier nicht! (Wobei ich dir generell sehr empfehlen würde, auf deine körperliche Fitness zu achten).
Du brauchst gute, praktische Fingerübungen für deine linke und rechte Hand! Viele Fortgeschrittene, die zu mir kommen, haben so etwas nicht und kennen sie auch nicht. In meiner
Online Master Class für Anfänger zeige ich sie dir im Detail und da sie dort auf Video aufgezeichnet sind, kannst du sie dir immer wieder ansehenen – das ist einfach nur göttlich, mach´es! Oder komm in mein Fortgeschrittenenprogramm
“Cello Secrets”, dort findest du sie auch. Du kannst diese Übungen jederzeit anwenden, frei von Cello und Bogen. Beim Essen oder im Büro. Easy.
Übtipp #7: Trainiere dein Gehör
Im Akademiger-Jargon nennt man das auch Hörschulung. Und du musst dein Gehör sensibilisieren bzw. deine akustische Wahrnehmung schulen. Wenn du das nicht machst, gehörst du zu jenen, die gar nicht merken, dass sie gerade unsauber spielen und die Töne auf dem Griffbrett zu hoch oder zu tief greifen. Das ist nicht schlimm! Auch diesen “Muskel” kannst du einfach anfangen zu trainieren und es wird dadurch besser werden. Höre gute Musik, höre sie bewusst, höre zu, wenn Menschen mit dir reden und höre v.a. auf, deinen Fernseher, Kopfhörer, Autoradio usw. immer zu laut anzustellen. Das ist ein schleichender Killer für dein feines, sensibel arbeitendes Gehör, dass im Gegensatz zu den anderen Sinesorganen alle Reize ungefiltert aufnehmen muss. Viele Erwachsene wissen das nicht und machen damit schon die Ohren ihrer Kinder kaputt und wundern sich dann, warum diese nicht mehr hören.
Übtipp #8: Mach´dir einen Übplan
Weniger ist mehr! Mach es einfach – keep it simple. Du hast gerade nur 10 Minuten am Tag? Mach deine Fingerübungen! Du hast eine halbe Stunde? Perfekt! Nutze ein kleines Mini-Technikprogramm, um deine Finger und Hände aufzuwären. Arbeite dann gezielt und in kleinen Portionen an deinem Programm. Werde kreativ und erfinde eine Arbeitsweise, die zu dir passt und dir Spaß macht. Du kannst ein schweres Stück in einzelne Takte für einzelne Tage einteilen. Du kannst dich auf Video aufnehmen und so dein Selbstbild verbessern. Du kannst an einem oder mehreren Stücken gleichzeitig arbeiten. Es gibt keine Grenzen für deinen Weg.
Übtipp #9: Mach´Pausen
Bestimmt hattest du das auch schon mal: du hast nicht geübt und dein/e Lehrer/in hat dir trotzdem Komplimente gemacht, weil es auf einmal besser läuft… Es ist genau wie mit dem Schlafen: wir können mal ein paar Nächte durchzocken, aber wenn das zum Dauerzustand wird, versagt unser System und wir funktionieren nicht mehr richtig. Beim Cello spielen auch. Wenn du es jetzt lange übertrieben hast, hab´ keine Angst (!) vor einer Pause. Du kommst mit deinem Plan schnell wieder rein und meistens ist es danach – zummindest wenn du nicht ständig Pause machst – tatsächlich besser, weil sich das Gelernte “gesetzt” hat. Bei kranken Kindern ist der Mechanismus der Gleiche. Oft sind sie nach der Krankheit ein ganzes Stück gewachsen oder “reifer” geworden.
Viel Spaß beim Üben!
Deine